So stellt sich gleich zu Beginn die Frage:
Was bedeutet es, wenn jemand davon redet, dass er „Stress hat“?
Unserer Erfahrung nach kann diese Aussage mehrere Bedeutungen haben.
Beispiele dafür:
„Ich bin emotional belastet (z B. genervt, hektisch, unter Druck).“
„Ich habe viel zu tun.“
„Ich habe es eilig und muss gleich los.“
„Ich will mich jetzt nicht mit dir unterhalten (ich habe Wichtigeres zu tun).“
„Ich bin wichtig.“
„Lobe mich, weil ich so fleissig bin.“
„Lass mich in Ruhe.“
Nur die 1. Bedeutung hat im eigentlichen (wissenschaftlichen) Sinn wirklich mit Stress zu tun, wie wir weiter unten beleuchten werden.
Reaktionen
Die teilweise sogar widersprüchlichen Bedeutungen von Stress in der Umgangssprache führen dazu, dass man reflexartig reagiert, wenn jemand sagt, dass er „Stress hat“. Man lässt ihn für gewöhnlich sofort in Ruhe und hält ihn möglichst bei dem, was er gerade macht, nicht auf.
Diese Haltung spiegelt sich oft auch in unseren Reaktionen in Bezug auf den eigenen Stress wieder. Augen zu und schnell weiter.
Stress ist allerdings ein Zustand, der unser Augenmerk sehr wohl verdient und in vielen Fällen auch bewusste und gezielte „Entstressungsmaßnahmen“ erfordert.
Siehe Artikel
Das bringt uns zu wissenschaftlichen Definitionen.
Was sagt die Wissenschaft, was Stress ist?
Laut Hans Selye, einem der ersten Forscher auf dem Gebiet, ist Stress „die unspezifische Reaktion des Körpers auf jede Anforderung“. (Fink, 2016) Diese Reaktion kann sowohl positive als auch negative Aspekte haben, abhängig von der jeweiligen Situation.
Der Begriff hat sich von seiner ursprünglichen Bedeutung für körperliche Belastung weiterentwickelt und umfasst nun auch emotionale und psychologische Dimensionen, die die Komplexität der menschlichen Erfahrung widerspiegeln. (Shaffer, 1982)
Der Stress ist eine Reaktion auf einen Stressor. (Gambarana, 2006).
Stress umfasst negative emotionale Zustände wie Angst, Überforderung und das Gefühl, nicht in der Lage zu sein, Verantwortung zu übernehmen. (Ashvini ua., 2022)
Zusammengefasst bedeutet es also, dass ein Stressor, also etwas Wahrgenommenes von außen (etwas Gesehenes, Gehörtes, Gerochenes, Ertastetes) oder etwas Gedachtes dafür sorgt, dass der Körper, ohne dass man es selbst steuert, körperlich oder emotional reagiert. Positiv wie Negativ.
Deshalb wird in der Wissenschaft noch zwischen (dem positiven) Eustress und (dem negativen) Distress unterschieden.
Eustress und Distress
Eustress ist „positiver Stress“. Die Betroffenen nehmen ihre Stresssituation als eine Herausforderung wahr, die sie bewältigen können und sogar spannend finden. Dadurch steigen ihre Motivation und ihr Engagement – ist auf der Internetseite der AOK zu finden. In diesen (positiven) Fällen wäre die Reaktion auf einen Stressor Motivation, Freude, Begeisterung, …
Distress ist „negativer Stress“. Distress ist derjenige Stress, der vom Organismus als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd empfunden wird. Die Definition von Disstress geht auf die Arbeiten von Hans Selye zurück ist auf doccheck.com nachzulesen. Die Reaktionen auf Stressoren die zu Distress führen, wären negative Emotionen und unangenehme Gefühlszustände.
Die Unterscheidung zwischen Eustress und Distress klingt zwar ziemlich eindeutig, ist es aber in der Praxis nicht.
Es kann sehr schnell geschehen: Gerade war man noch motiviert (Eustress), und plötzlich fühlt man sich überfordert oder hilflos. Manchmal reicht ein kleiner Fehlschlag – etwas gelingt nicht – und der Distress ist sofort in Form negativer Emotionen wahrnehmbar.
Ein Alltagsbeispiel dazu: Man freut sich (Eustress) gerade über ein Geschenk, das man erhalten hat. Die Freude weicht sofort, wenn es hinunterfällt und zerbricht und macht z. B. Platz für Ärger über die eigene Ungeschicklichkeit oder schlechtes Gewissen gegenüber demjenigen, der einen beschenkt hat (Distress).
Theoretisch ist die Unterscheidung zwischen Eustress und Distress interessant, wertvoll für das tägliche Leben wird sie aber erst, wenn man weiß wie man erkennt, dass man gerade Distress empfindet. Hier hilft uns die Wahrnehmung des Körpers enorm. Sonst könnte man weder erkennen, dass man gerade die negative Form des Stresses empfindet noch könnte man etwas dagegen unternehmen.