Der Kampf zwischen Emotionen und Verstand
Dieser Kampf um die Vorherrschaft zwischen Emotionen und Kognition scheint naturgegeben zu sein, kaum jemand stellt ihn in Frage, jeder versucht auf seine Weise damit umzugehen.
Die Auffassung, dass negative Emotionen nicht verändert werden können und wir ihnen (oft hilflos) ausgeliefert sind, ist zwar weit verbreitet. In der Arbeit mit unseren Klienten zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Nach einem YESolution-Prozess ist keine Kontrolle der Emotion mehr notwendig, man ist ohne Anstrengung, ohne Kampf gegen eine Emotion selbstsicher, klar und ruhig. Oft haben wir uns die Frage gestellt, wie das erklärbar ist und haben bislang in der klassischen Sichtweise kaum schlüssige Erklärungsmodelle gefunden.
Emotionen entstehen in jedem Augenblick neu
Doch Lisa Feldmann Barrett zeigt in ihrem Buch „How Emotion are made“, dass Emotionen keine unveränderlichen, für immer gespeicherten Muster in Gehirn und Körper sind. Ihre Forschung veranschaulicht, dass Menschen ihre Emotionen konstruieren und mit Bedeutung versehen. Emotionen werden aus der Erfahrung der Vergangenheit, der äußeren Situation, sowie des eigenen inneren Zustandes und aufgrund kultureller Konzepte in jedem Augenblick neu gebildet. Und zwar von einem Gehirn, das keine fixen Schaltkreise verwendet, sondern auf flexible Vernetzung aufgebaut ist. Weil die Konstruktion auf unbewusster Ebene abläuft, haben wir den Eindruck, dass Emotionen von selbst entstehen und durch äußere Faktoren ausgelöst werden. Dieses Phänomen wird als affektiver Realismus bezeichnet, der unter extremen Umständen zum Beispiel dazu führen kann, dass Soldaten unbewaffnete Menschen erschießen, weil sie in einer bedrohlichen Situation eine Kamera für eine Waffe halten.
Emotionen können verändert werden
Wenn nun Emotionen in jedem Moment neu „erschaffen“ werden, dann können sie auch verändert werden. Die klassische Sicht, die viele Menschen noch als einzige Realität kennen, würde diese Veränderung negieren. Da sich viele Menschen über ihre Emotionen definieren und sie als naturgegeben hinnehmen (sich vielleicht dazu durchringen, sie in Schach zu halten), ist es zu Beginn für viele schwierig, sich vorzustellen, dass ein YESolution-Prozess das Erleben einer bestimmten Emotion in einer bestimmten Situation grundlegend verändern kann. Es ist kaum zu glauben, welche positiven Folgen das haben kann: Menschen bleiben in Situationen ruhig, obwohl sie früher nervös waren und keinen klaren Gedanken fassen konnten. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass ich mir nicht vorstellen konnte, mit einer Spinne im gleichen Zimmer zu sein und gelassen zu bleiben und ruhig daneben zu sitzen. Viele Jahre lang habe ich darunter gelitten und in vielen Situationen musste ich alle Kraft aufwenden, damit ich in Gesellschaft diese Angst nicht offen zeigte. Jetzt ist es anders. Ich bin ruhig, sehe die Spinne und das war’s. Unsere Realität in der Arbeit mit unseren Klienten beweist tagtäglich, dass Veränderung von Emotionen möglich ist. Jetzt wird diese Erfahrung durch die Wissenschaft untermauert.
Positive Gefühle und Bauchgefühl
Positive Gefühle zu erleben bedeutet für viele, dass sie das „Richtige“ tun, dass das gerade Erlebte erstrebenswert ist und so oft wie möglich wiederholt werden sollte. Das wird kaum einmal in Frage gestellt. Wer jedoch schon einmal versucht hat, eine besonders romantische Situation unter den gleichen Bedingungen zu wiederholen, musste vielleicht feststellen, dass sich dieses Erleben nicht 1:1 wiederholen lässt. Wie wir bereits weiter oben gehört haben: Emotionen werden in jedem Moment neu erschaffen, und zwar nicht nur auf Grundlage von äußeren Umständen, sondern auch vom eigenen inneren Zustand und der Bedeutung, die wir diesen Faktoren zuschreiben.
Außerdem glauben viele, dass eine negative Emotion oder ein schlechtes Bauchgefühl uns darauf aufmerksam macht, dass es Missstände gibt, die verändert werden müssen oder dass sich jemand „falsch“, respektlos oder unfair uns oder jemand anderem gegenüber verhalten hat. Sie glauben, dass sie diese Wertung ohne Gefühle nicht treffen könnten – doch das Gegenteil ist wahr: Es ist uns auch ohne diese Gefühle möglich, Situationen einzuschätzen und Missstände zu erkennen.